16.04.2012 - Hoher Atlas - nördl. Tinerhir: Thomas will das Fahren drangeben

Die Tagesetappe von Ait Ben Haddou über Ouarzazate nach Tinerhir ( ca. 240 km) wird für Kathi zur echten Bewährungsprobe, wenn man das so nennen kann. Die "Straße der Kashbas" ist eine West-Ost-Verbindung, die auf mehr oder weniger 1.200 m Höhe immer an der südlichen Flanke des Hohen Atlas entlang führt. Kaum auf der Geraden angelangt, weht der einsetzende Nordsturm mit aller Macht von den Bergen und uns fast von den Mopeds. Hinzukommt der aufgewirbelte Sand der Ebene, der streckenweise zum Sandsturm mutiert. Anhalten macht überhaupt keinen Sinn, man hat keinen festen Stand, nirgends Schutz auf viele Dutzend Kilometer. Also weiter. … Beim ersten möglichen Halt ist Kathi mit den Nerven runter. Sie machte ihre Sache toll, aber das Fahren unter diesen Umständen ist schon grenzwertig. (Später erfahren wir, dass wir bei 9 Beaufort Seitenwind gefahren sind.) Nur allerbestes Zureden und die Aussicht, das hier mit Sicherheit zu überleben, wenn wir uns vorsichtig weiter voran tasten, helfen weiter. Ebenso die Aussicht, heute noch irgendwie Tinerhir zu erreichen und auf einem netten Campingplatz unterzukommen, der auch einen Pool hat (Inschallah …)


Es gelingt. Wenn auch nicht am gleichen Tag … 40 km vor dem erwarteten Ziel setzt die Dunkelheit ein und es wird gefährlich, weiterzufahren. Also schlafen wir in Boumalne du Dades unter einem festen Dach, um den Sturm vorüberziehen zu lassen. Die heiße Dusche ist unbezahlbar!
Am nächsten Morgen fahren wir ruckzuck die 40 km zur Schlucht ab. Wir finden einen Platz (mit Pool …) 10 km die Todraschlucht hinauf, der Wind lässt hier merklich nach, bleibt uns aber für die nächsten drei Tage vor allem nachts erhalten. Die Höhe beträgt 1.500 m, das Wetter zeigt sich wieder ganz in blau bei 22 Grad.
Den dreitägigen Aufenthalt hier nutzen Thomas und ich, um die Todraschlucht hinauf bis hinter Tamtatouchte zu erfahren und die noch eindrucksvollere Dadesschlucht in einer 220 km-Fahrt zu erkunden. Die Stecken sind gut zu fahren, einige unbefestigte rumpelige Passagen und Furtdurchfahrten wechseln mit recht gutem Asphalt ab. Die Dörfer werden immer abgelegener, die Menschen müssen hier sehr hart arbeiten, um auf dieser Höhe (um die 2.000 m) dem Boden noch etwas abzugewinnen. Die Felder sind winzig, wir wundern uns, dass hier überhaupt noch etwas Nahrhaftes wachsen soll. Die umwerfende Landschaft dort muss man aber gesehen haben, wie wir finden! Thomas will nach dieser Fahrt das Motorrad fahren an den Nagel hängen: "Ich bin die schönste Strecke der Welt gefahren und kann mir nicht vorstellen, dass ich das Motorrad für eine Eifelfahrt nochmal raushole!!!" (Am nächsten Tag hat sich diese Aussage allerdings wieder relativiert.) Die Bilder sollen sprechen …


Kathi  hat heute erst einmal genug vom Fahren und vertreibt sich gern die Zeit unserer Abwesenheit auf dem Platz mit "chillen". Sie kann sich jetzt erstmal erholen, bald die Wüste sehen will sie auf jeden Fall.